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Aktion 1938/39

Im Juli 1938 erhält die Frankfurter Gestapo von einem Militärgericht in Bayern die Aussagen eines 20-jährigen homosexuellen Soldaten zugestellt, der bei einer einschlägigen Vernehmung einige Namen aus seiner Heimatstadt preisgegeben hatte. Sie leiten in Frankfurt eine ausgedehnte Aktion gegen Homosexuelle ein, zu der schließlich eigens noch Kollegen von der Berliner »Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung« anreisen. Von Juli bis Dezember 1938 werden 188 Personen verhaftet, 114 wegen homosexueller Handlungen verurteilt. Im Januar/ Februar 1939 kommen weitere 107 Personen in Haft und 12 werden verurteilt. Die November-Pogrome des Jahres 1938 führen zu einem Wechsel in der Verfolgungsarbeit: Die Aktion wird fortan von der Frankfurter Kripo übernommen, die sie bis in den Juli 1939 weiterführt. Insgesamt werden bei der Frankfurter Aktion 427 Männer verhaftet, 426 Männer im Alter zwischen 17 und 70 Jahren zu Gefängnis oder Zuchthaus zwischen einem Monat und vier und mehr Jahren verurteilt. Für wenigstens 10 von ihnen führt der Weg nachweisbar in die Konzentrationslager.

Aktion 1950/51

In einigen Prozessen der Jahre 1938/39 war der junge Dr. Kurt Ronimi als Vertreter der Frankfurter Staatsanwaltschaft aufgetreten. Nach dem Krieg hatte er es bald zum Amtsgerichtsrat in Frankfurt gebracht. Gemeinsam mit dem jungen Staatsanwalt Dr. Fritz Thiede setzte er 1950 die erste »Aktion gegen Homosexuelle« in der Bundesrepublik Deutschland in Gang. Sie benutzten die Aussagen des knapp 18-jährigen Strichjungen Otto Blankenstein und ließen etwa 100 Personen verhaften. Bis zum Jahresende wurden 75 Anklagen gegen Homosexuelle und Strichjungen erhoben, von denen fast alle zu Verurteilungen führten. Die Prozesse erregten bundesweites Aufsehen. Die Frankfurter Presse berichtete wochenlang zugunsten der Angeklagten und selbst der »Spiegel« brachte einen langen Artikel, in dem Hans Giese, Arzt und Sexualforscher, ausführlich zu Wort kam. Die öffentliche Debatte über Homosexuelle und Homosexualität zeitigte in Frankfurt kurzfristige Konsequenzen: Ronimi wurde nach Hanau hinwegbefördert und die von ihm eingerichtete Sonderstrafkammer aufgelöst. Dr. Thiede musste einen Teil der Anklagen an Kollegen abtreten. Wenige Verfahren wurden sogar eingestellt. Das hinderte die Bundesgerichte allerdings nicht, ab 1951 immer wieder die rechtsmäßige Geltung der §§ 175/175a aus der Nazi-Zeit zu bestätigen.

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