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Faszinosum aus Dreck und Idyll

Seit einiger Zeit wird eine weitere Zufallslücke als Platz bezeichnet. Benannt ist sie nach Klaus Mann. Man hat den Schriftsteller wohl ausgewählt, weil er mit seinem Leiden an der eigenen Homosexualität, aber auch seinem wagemutigen Leben mit ihr zu einer Art profanem Schutzheiligen für die Schwulenbewegung geworden ist. »Der fromme Tanz« hieß einer seiner frühen Romane, dessen Schwermut nun auf dem Klaus-Mann-Platz der verrenkte Engel des winzigen Mahnmals für die im »Dritten Reich« verfolgten und ermordeten Homosexuellen korrespondiert. Doch auch aus der Perspektive des Flaneurs Klaus Mann ist das Patronat für den innerstädtischen Winkel sinnvoll. Denn dem müßigen Betrachter entfaltet sich hinter der vordergründigen Unscheinbarkeit des Areals eine fesselnde Welt aus Bruchstücken…

Das eigentliche Faszinosum des verschrobenen Platzes, auf dem nun Rosemarie Trockels Engel melancholisch – und auch etwas maliziös wie Hygieia – den gespaltenen Nacken beugt, ist, dass er Platz hat für so viel Verschiedenes: für die Schwulen, für Nachtschwärmer, Grenz- und Müßiggänger ebenso wie für Händler, so genannte kleine Leute, Handwerker und auch die Gäste des nahen Luxushotels, die hier gelegentlich ungeschminktes Großstadtleben goutieren. Solange ihre Agenten in Gestalt von Sanierern, Architekten und Dekorateuren nicht die Oberhand gewinnen, bleibt der Zauber aus Dreck und Idylle erhalten.

Dieter Bartetzko

Aus: Der Frankfurter Engel. Ein Lesebuch
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Benennung in »Klaus-Mann-Platz«


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Umgebung des Mahnmals